Anfang dieses Jahres kündigte Google an, ab 2022 Drittanbieter-Cookies im Webbrowser Chrome zu blockieren. Das Ende dieser Third-Party-Cookies, strengere Datenschutzbestimmungen und andere Datenschutzmaßnahmen bedeuten für Vermarkter vor allem, dass sie die Herangehensweise ans Marketing und bestehende Strategien überdenken müssen.
Die Verbraucher sind nicht nur misstrauisch, sondern auch technisch versiert: Sie merken, wenn jemand Daten einsammelt, vor allem aber haben sie genug von Marketing, das keine Bedeutung für sie hat.
Werfen wir zunächst einen Blick auf die verschiedenen Methoden zur Datenerfassung und klären, was First-Party-, Third-Party- und Zero-Party-Daten sind. Für eine Zukunft ohne Cookies folgen danach Tipps fürs digitale Marketing: Identitätsmarketing könnte dabei ein Schlüssel zum Erfolg sein.
Warum aktuelle Lösungen nicht funktionieren: Third- und First-Party-Daten
Das Sammeln von aussagekräftigen Daten über deine Kunden ist entscheidend für das Überleben deiner Marke. Je besser die Datenlage ist, desto wahrscheinlich gelangen Kampagnen ans Ziel. Aber welche Daten stehen dir als Vermarkter zur Verfügung?
- First-Party-Daten sind Daten, die du direkt von deinen Kunden einsammelst. Sie verraten dir, was jemand auf deiner Website tut (z. B. Navigation, Klicks), und umfassen auch direktes Feedback der Benutzer (etwa über das Kontaktformular). Anhand von First-Party-Daten erkennst du also die Interessen und Absichten der Anwender. Genau wie Namen und Adressen veralten diese Daten aber relativ schnell.
- Third-Party-Daten stammen aus externen Quellen, also von Drittanbietern. Gewöhnlich sammelt ein anderes Unternehmen alle möglichen Daten ein und verkauft sie weiter. Dazu gehören Informationen zum Surfverhalten, Anfragen bei Suchmaschinen, Besuch von Social-Media-Plattformen usw. Solche Third-Party-Daten sind nicht immer repräsentativ, aber du kannst sie auswerten und damit mehr über deine Zielgruppe erfahren.
Was ist Behavioral Marketing?
Third-Party-Daten von Plattformen wie Facebook, Twitter oder LinkedIn kommen im sogenannten Behavioral Marketing zum Einsatz. Bei der Verwaltung und der Analyse solcher Informationen können dich Datenmanagement-Plattformen (DMP) unterstützen – leistungsfähige Marketinginstrumente, die Kundenverhalten aufzeichnen und auswerten.
Solche Daten sind allerdings recht aufwändig zu sammeln. Außerdem liefern sie immer nur eine Momentaufnahme und lassen keinen Rückschluss auf das langfristige Verhalten der Kunden zu.
Verbraucher, die Werbung passend zu ihrem Verhalten sehen, empfinden oft Unbehagen oder sogar Abneigung. Jemand, der sich beobachtet fühlt, ist einfach nicht empfänglich für ein Angebot – sei es auch noch so verlockend. Beim Umgang mit DMP-Daten besteht außerdem immer das Risiko, dass Datenschutzrichtlinien missachtet wurden; meistens sind diese Daten ohne Prüfung und vor allem ohne Skrupel eingesammelt worden.
Fehlende Informationen auf Plattformen für Kundendaten
Eine Kundendatenplattform (Customer Data Platform, CDP) ist eine Software zur zentralen Ablage von Kundendaten, darunter auch die sogenannten Transaktionsdaten. Eine solche Plattform gibt Aufschluss darüber, wie Kunden mit den Unternehmen interagieren, und pflegt die gesammelten Daten in einer einzigen, einheitlichen Datenbank.
Zu den typischen digitalen Datenquellen einer CDP gehören diese:
- Transaktionsdaten: Einkäufe oder Retouren von Kunden
- Kundenprofile: Namen, Adressen, Geburtsdatum usw.
- Kundendienst-Daten: Über Live-Chats oder digitale Assistenten erfasste Daten, auch Anzahl und Dauer der Interaktionen
Mit all diesen Daten kannst du zwar viel über die einzelnen Kunden erfahren, für Marketingzwecke eignen sie sich jedoch nur begrenzt, da sie zu wenig über potenzielle Neukunden verraten. Du erfährst etwas über bestehende Kunden, nicht über Interessenten. Daher sind diese Daten eher „oberflächlich“ und nicht wirklich für logische Folgerungen geeignet. Außerdem sind solche Datenbanken recht kostspielig und aufwändig zu pflegen.
Beim Betrachten vorhandener Daten fällt ein weiteres Problem auf: Abteilungsgebundene Daten stehen oft nicht unternehmensweit zur Verfügung – eine unnötige Komplikation.
Die 3 häufigsten Marketing-Probleme
Wir fragen uns also: kennst du deine Kunden genau und weißt du, was sie wollen? Wenn nicht – wie lernst du sie kennen?
Was verrät dir mehr über einen Kunden: die Postleitzahl oder der Beruf? Ist es wichtig, ob jemand in Hamburg oder Berlin wohnt, oder doch interessanter, ob jemand an einer Schule unterrichtet oder im Gesundheitswesen arbeitet? Leute, die sich eine Postleitzahl teilen, haben wahrscheinlich weniger Gemeinsamkeiten als Mitglieder eines Konsumentenstamms mit ähnlichen Kenntnissen und Erfahrungen.
Schauen wir uns die 3 häufigsten Marketing-Probleme genauer an …
Wie kann ich die Aufmerksamkeit von Kunden erregen?
Das Web ist so bunt und vielfältig, dass es fast unmöglich erscheint, potenzielle Kunden auf sich aufmerksam zu machen – es sei denn, jemand fühlt sich sofort richtig angesprochen, etwa durch das Betonen von Gemeinsamkeiten oder durch eine Neuigkeit.
Demografische Daten zu erfassen und Angebote zu verschicken, ist nicht mehr zeitgemäß. Außerdem hat die Covid-19-Pandemie sowieso alles auf den Kopf gestellt. Wenn du dich nicht von der breiten Masse abheben kannst, erreicht deine Botschaft die Kunden nicht.
Wie bündele ich Kanäle für mehr Effizienz?
Über die Jahre haben sich immer mehr Marketingkanäle erschlossen, und so war das Multichannel-Marketing die logische Konsequenz. Das Verteilen der Werbe-Aktivitäten hatte durchaus seinen Sinn, denn neue Kanäle zogen neue Interessenten an und Vermarkter sollten sich da tummeln, wo etwas los ist. Allerdings entpuppten sich die unterschiedlichen Botschaften auf den verschiedenen Kanälen schnell als Problem.
Wer die Website eines Unternehmens besucht und dort auf eine Kampagne stößt, auf den verwandten Social-Media-Kanälen aber eine ganz andere entdeckt, ist zurecht verwirrt. Die Lösung: Omnichannel-Marketing mit identischen Nachrichten auf allen Kanälen. Das sorgt zwar für Konsistenz, aber lässt oft die persönliche Note vermissen, die für gute Beziehungen unabdingbar ist.
Kann eine Promoaktion meine Marke auch schwächen?
Bei allen Strategien sollten Unternehmen immer darauf achten, ihre Marke nicht zu verwässern. Es muss nicht gleich ein riesiger Skandal sein, der Kunden abspringen lässt. Eine Reihe falscher Entscheidungen oder eine große Rabattaktion, die andere Angebote unattraktiv macht, kann ausreichen. Wenn eine Marke verwässert, verliert sie an Bedeutung für die Kunden.
Marketingexperten sollten also ihre Promoaktionen so planen, dass die eine Gruppe von Kunden profitiert, ohne eine andere Gruppe abzuschrecken.
Auf dem Vormarsch: Zero-Party-Daten und Identitätsmarketing
Forrester Research definiert Zero-Party-Daten als solche Daten, die „Kunden in vollem Bewusstsein und proaktiv mit einer Marke teilen. Das können Preference-Center-Daten oder Kaufabsichten sein, persönliche Angaben oder die Art und Weise, wie die Person vom Unternehmen erkannt werden möchte.“
Solche Daten sind besonders wertvoll, denn sie zeugen vom Vertrauen der Kunden in das Unternehmen, die geteilten Daten sicher aufzubewahren. Das Unternehmen kann ebenfalls auf etwas vertrauen, nämlich darauf, dass die Daten korrekt sind, da sie direkt von den Kunden stammen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt hier in der Gegenseitigkeit: Kunden geben ihre Daten gerne weiter, weil sie eine positive Antwort darauf erwarten.
Es geht auch ohne sensible Daten
Je mehr Datenschutzverletzungen bekannt werden, desto größere die Bedenken der Verbraucher, persönliche Informationen mit den Unternehmen zu teilen. Identitätsmarketing zum Beispiel fragt nicht nach sensiblen Daten. Zum Überprüfen der Berechtigungen zu einem Rabatt oder Sonderangebot sind lediglich grundlegende Informationen nötig.
Immer wenn ein Kunde ein Angebot annimmt, sammelst du so bereits Zero-Party-Daten – die qualitativ hochwertigsten Daten, die es gibt. Danach gilt es, dranzubleiben und es zu schaffen, die Beziehung zum Kunden zu vertiefen.
Wie aber wie kann Zero-Party in der Praxis aussehen? Personalisiertes Marketing via zum Beispiel Identitätsmarketing ist ein Weg zum Erfolg und kann dich von deinen Mitbewerbern abheben.
Was ist Identitätsmarketing?
Identität ist Zugehörigkeit und zu etwas zu gehören, macht uns stolz. Wenn wir ein exklusives Angebot bekommen, weil wir so sind, wie wir sind, dann ist das attraktiv, und wir sind eher bereit, eine dauerhafte Beziehung zu einer Marke aufzubauen und uns zu treuen Kunden zu entwickeln.
Warum Identitätsmarketing bei Kunden ankommt
Wer sich nur an demografischen Merkmalen orientiert, verfehlt nicht selten die Zielgruppe. Besser ist es, Menschen zu finden, die sich beispielsweise besonders engagieren, und sich bei dieser Gruppe erkenntlich zu zeigen. Oft fühlen sich solche Kunden einer Marke besonders verbunden – ein positiver Nebeneffekt.
Schauen wir uns weitere Eigenschaften von Identitätsmarketing in den nächsten Abschnitten an.
Exklusivität
Ganz entscheidend sind Angebote, die nicht jeder nutzen kann – Exklusivität hat noch nie ihre Wirkung verfehlt. Wer zu einer ausgewählten Gruppe gehört, fühlt sich nicht nur besonders, sondern identifiziert sich auch leichter mit einer Marke.
Privatsphäre
Datenschutz und Sicherheit sollten immer im Mittelpunkt stehen, wenn es um personalisierte Angebote geht. Die Grundlage für eine Vermarktung bilden aussagekräftige Daten; Verbraucher geben erst dann persönliche Daten preis, wenn sie einer Marke vertrauen. Viele große Unternehmen waren schon wegen Datenschutzverletzungen in den Schlagzeilen und Kunden fühlen sich verunsichert und wütend, wenn ein Unternehmen ihr Vertrauen missbraucht hat.
Identitätsmarketing eignet sich perfekt dazu, neue Interessenten und Kunden zu gewinnen. Die persönlichen Daten gelangen zum Unternehmen, weil es ein Angebot gemacht hat, das nur grundlegende Informationen der Verbraucher abfragt. So behalten Kunden die Kontrolle über ihre Daten und sie vertrauen darauf, dass niemand sie weitergibt. Ein so aufgebautes Vertrauen sorgt dafür, dass Kunden bleiben und zu Stammkunden werden.
Beziehungen knüpfen
Viele Menschen identifizieren sich über ihren Beruf, einen Lebensabschnitt oder eine andere Zugehörigkeit. Wer das erkennt und sie richtig anspricht, gibt ihnen das Gefühl, gesehen zu werden. Einen ganzen Konsumentenstamm anstelle von Individuen zu akquirieren, baut Netzwerke und langfristige Beziehungen auf. Biete den Kunden etwas Wertvolles an, weil sie so sind, wie sie sind – deine Marke wird dort an Bedeutung gewinnen.
Zugehörigkeit
Im tiefsten Innern wollen wir alle dazugehören. Daher sollten Unternehmen bei Verbrauchern ein Gefühl von Verbundenheit schaffen und versuchen, Gruppen mit Gleichgesinnten zu erreichen. Dieses Gefühl von Zugehörigkeit macht Identitätsmarketing so einflussreich.
Wechselwirkungen
Kommen wir zum Konzept der Gegenseitigkeit. Professor Robert Cialdini bezeichnet sie in seinem Buch „Influence: The Psychology of Persuasion“ als eine von sieben Methoden, andere zu beeinflussen. Er spricht vom „alten Geben und Nehmen“, ein vertrautes Konzept für die meisten Menschen im Umgang mit anderen. Wenn dir jemand einen Gefallen tut, bist du in der Regel bereit, dich zu revanchieren.
Netzwerken
Identitätsmarketing kann noch etwas, was andere Methoden nicht können: Oft kennen sich Kunden bestimmter Verbraucherstämme untereinander und tauschen Informationen aus. Für Unternehmen bedeutet das, dass sie sich nicht länger überlegen müssen, wie sie sich ins Gespräch bringen, denn die Leute reden bereits über die Marke. Der Trick besteht darin, einem Kundenstamm das beste exklusive Angebot zu unterbreiten und zu warten, bis es sich herumspricht.
Stammkunden binden
Verbraucher haben die freie Wahl und es gibt fast nichts, was es im Internet nicht zu kaufen gibt. Wie also werden potenzielle Kunden zu Stammkunden? Loyalität mit einem Bonusprogramm zu verknüpfen, reicht nicht aus. Loyalität sollte der Dreh- und Angelpunkt der gesamten Marketingstrategie sein. Unternehmen sollten Kunden einen triftigen Grund geben, bei ihnen zu kaufen – und nicht bei den Mitbewerbern.
Indem ein Unternehmen die Kunden belohnt, die die stärkste Verbindung zur Marke haben, fördert es die Loyalität. Am besten funktioniert das mit außergewöhnlichen Benutzererlebnissen.
10 Tipps für erfolgreiches Identitätsmarketing
Genug Theorie und auf zur praktischen Umsetzung. Hier sind abschließend 10 Tipps und Tricks, wie du funktionierende Strategien für dein Identitätsmarketing entwickelst.
Überzeugende Angebote machen
Zero-Party-Daten sind der Schlüssel zu langfristigem Erfolg. Um Kunden zu überzeugen, diese Daten zu teilen, braucht es besondere Angebote. Am besten funktionieren solche, die das Gefühl vermitteln, etwas Besonderes zu sein, und Kunden zu Fans der eigenen Marke machen.
Vertrauen der Kunden gewinnen
Wer die Privatsphäre der Kunden respektiert, gewinnt deren Vertrauen. Identitätsmarketing ist aber nur der erste Schritt, wenn es darum geht, Bedenken wegen des Datenschutzes auszuräumen. Im nächsten Schritt sollten Unternehmen die Kundendaten als Grundlage für personalisiertes Marketing nutzen, das deren besonderen Status unterstreicht und einen echten Mehrwert bietet.
Dort sein, wo die Kunden sind
Angebote sollten möglichst breit gestreut werden – und zwar auf allen Kanälen. Am besten gehen Unternehmen dorthin, wo sich die Kundenstämme aufhalten. So sind Lehrangebote beispielsweise gut auf Portalen für Lehrkräfte aufgehoben, Campus-Events sprechen Studierende an.
Die Sprache der Kunden sprechen
Botschaften und Bilder, die den Kundenstamm emotional ansprechen, funktionieren gut. Warum nicht den Lehrkräften für die Ausbildung der nächsten Generation danken oder Studierenden dabei helfen, ihre Träume zu verfolgen?
Kundenlob einfangen
Verbindungen innerhalb des Kundenstamms sind das größte Kapital von Unternehmen. Social-Media-Kampagnen oder Empfehlungsprogramme ermutigen Kunden, ein Angebot mit anderen zu teilen. Wer von einer Marke begeistert ist, wird eher von ihr schwärmen.
Bonusprogramme entwickeln
Unternehmen können ihre Kampagnen mit einem Treueprogramm verknüpfen. Kunden, die ein bestimmtes Angebot annehmen möchten, müssen an einem Bonusprogramm teilnehmen und erhalten Rabatt bei zukünftigen Einkäufen. Sobald jemand Mitglied in einem solchen Programm ist, kann man ihn viel besser ansprechen und betreuen.
Kundenstämme fördern
Abgesehen von Rabatten gibt es noch andere Möglichkeiten, den Kunden etwas Gutes zu tun. So können Unternehmen Stipendien für Studierende finanzieren oder für Schulen in der eigenen Gemeinde spenden. Wer sich um seine Verbraucherstämme kümmert, wird sie für die eigene Marke begeistern.
Feiertage finden und feiern
Welche Feiertage gibt es für die eigene Zielgruppe? Wie wäre es mit einer Aktion oder Sonderpreisen, beispielsweise am Weltlehrertag, am Tag der Arbeit oder am Muttertag?
Kundenstämme aufbauen und ausbauen
Öfter mal was Neues ausprobieren … Hat ein Unternehmen bereits ein personalisiertes Angebot für Lehrkräfte, könnte das doch auch bei Pflegepersonal oder Ersthelfern Anklang finden. Alternativ könnte es Sonderangebote für Verbraucher geben, die höchstwahrscheinlich Interesse an der Marke haben.
Cause-Related Marketing einführen
Kunden kaufen bei Unternehmen, deren Werte sie teilen. Es lohnt sich also, in Dinge zu investieren, die hoch im Kurs bei der Zielgruppe stehen. Das lässt die Marke im Gedächtnis der Verbraucher bleiben und schafft Verbundenheit.
So hat die Restaurantkette Chipotle in den USA während der Pandemie beispielsweise beschlossen, die zu belohnen, die an der ‘Front’ arbeiten (Ärzte, Pflegepersonal usw.). Für jedes Essen, das vom Gast bestellt wurde, wurde ein gleichwertiges Essen an Mediziner und Pflegepersonal gespendet.